Verträge mit Youtube-Netzwerken: Vorsicht vor Übervorteilung

Viele YouTuber, die mehr aus ihrem Kanal machen wollen, schließen sich einem Multi-Channel-Netzwerk (MCN) an. Damit die Zusammenarbeit auch wirklich Vorteile bringt, ist es wichtig, sich VOR Vertragsschluss mit den Bedingungen zu beschäftigen. Was dabei zu beachten ist…MLPfinancify hat mit Fachanwalt Christian Solmecke gesprochen, was Youtuber beachten sollten. Denn es ist immer besser, vorher klug zu verhandeln anstatt sich anschließend zu ärgern.
Die Zusammenarbeit von YouTubern und Netzwerken wird durch einen Vertrag geregelt, um welche Art von Verträgen handelt es sich dabei eigentlich?

Christian Solmecke: Bei den Verträgen zwischen YouTubern und den Netzwerken handelt es sich in der Regel um Dienstverträge. Die Netzwerke verpflichten sich, einen bestimmten YouTube-Kanal marketingstrategisch voranzutreiben. Ein konkretes Ergebnis wird in den meisten Fällen nicht bestimmt.

Ab wieviel Jahren kann ich einen Vertrag überhaupt selbst abschließen?

Christian Solmecke: Der selbstständige Abschluss eines Vertrages ist erst mit Erreichen der Volljährigkeit, also mit 18, möglich. Minderjährige brauchen für einen wirksamen Vertragsschluss die Einwilligung ihrer Eltern.

Worauf muss man als YouTuber besonders achten?

Christian Solmecke: Der YouTuber ist in der Regel nicht befugt, weitere Verträge über seine Kanäle und Videos abzuschließen, wenn er die Rechte zur Auswertung und Vermarktung einem Netzwerk exklusiv zur Verfügung gestellt hat. Er sollte sich jedoch vertraglich zusichern lassen, dass bestimmte Videos freigegeben werden können.

Auch sollten YouTuber darauf achten, dass Ihnen vollständige kreative Freiheit bei der Gestaltung ihrer Videos gelassen wird. Wenn für bestimmte Situationen diese Freiheit eingeschränkt werden soll, muss auf eine ganz konkrete Nennung des Falles geachtet werden. Die Bestimmtheit aller vertraglichen Regelungen ist bei diesen Verträgen enorm wichtig. Hier liegt meist der Knackpunkt.

Die häufig jungen YouTuber unterschreiben nicht selten sehr schwammige Verträge und können die Reichweite der gemachten Zugeständnisse oft nicht einschätzen. YouTuber sollten immer auf individuelle, eindeutige Formulierungen achten. Darüber hinaus ist die Einräumung eines Zustimmungserfordernisses seitens des YouTubers wichtig. D.h. wenn das Netzwerk sich Rechte vorbehält wie die Vornahme von „jeglichen Änderungen und Bearbeitungen, um Content ganz oder in Teilen in die Plattform (zu) integrieren“, oder „die eingeräumten Befugnisse weiter(zu)übertragen, Dritten ein(zu)räumen oder die Nutzung (zu) gestatten“, sollte dies nicht ohne Zustimmung des YouTubers möglich sein.

Schließlich wäre die Formulierung einer Leistungspflicht sinnvoll, die besagt, dass das Netzwerk dafür Sorge zu tragen hat, dass die Kanäle und Videos den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

Einzelne YouTuber wie Simon Unge sind mit ihrem MCN unzufrieden, Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt, was beim Thema MCN / Verträge zu beachten ist.

Welche Rechte muss ich oder sollte ich an ein Netzwerk übertragen und welche nicht?

Christian Solmecke: YouTuber sollten darauf achten, dass sie nicht zu allgemeine und umfassende Rechte übertragen. Sehr wichtig ist es, darauf zu achten, nicht zu viel von seiner kreativen Freiheit abzugeben. Sinnvoll ist es auch in Bezug auf die Laufzeit und die Kündigungsfristen keine zu großen Kompromisse zu machen.

Kann ein MCN die Nutzungsrechte an meinen Videos behalten, auch wenn der Vertrag gekündigt ist?

Christian Solmecke: Dies ist grundsätzlich möglich, wenn es eine entsprechende vertragliche Vereinbarung gibt. Eine solche Regelung ist jedoch selten vorzufinden.

Wie sollten Leistungen und Gegenleistungen definiert werden, welche Leistungen des Netzwerks sollte ich mir unbedingt garantieren lassen?

Christian Solmecke: Leistungen und Gegenleistung sollten transparent und eindeutig definiert werden. Je genauer und individueller die Regelung, desto besser. YouTuber sollten auf eine anteilige Haftung des Netzwerks bei Verletzungen der Rechte Dritter bestehen.

Behalte ich eigentlich die inhaltliche Freiheit?

Christian Solmecke: Das kommt auf den Vertrag im Einzelfall an. In vielen Verträgen findet sich folgende Klausel: „rechtliche und redaktionelle Vorgaben vom Netzwerk sind im Falle eines Risikos für den Vermarktungserfolg zu beachten“. Mit dieser Klausel lässt sich das Netzwerk eine zu große und unbestimmte Handlungsfreiheit in Bezug auf den Inhalt der Videos einräumen. Hier sollten die Fälle, in denen die inhaltliche Freiheit eingeschränkt werden soll, ganz konkret benannt werden.

Behalte ich die Hoheit über meinen Kanal (während der Laufzeit und danach)?

Christian Solmecke: Wer einem Netzwerk beitritt, kommt nicht umhin, gewisse Zugeständnisse zu machen und die entsprechenden Rechte abzugeben. Vertraglich sollte genau festgelegt werden, inwieweit und in welchen konkreten Fällen die Freiheit des YouTubers beschränkt werden kann.

Kann ich mit den Videos, die während der Zusammenarbeit entstanden sind, nach Ende des Vertrages machen was ich will?

Christian Solmecke: Dies sollte vertraglich zugesichert werden. Es kommt hier jedoch auf die Einzelheiten des konkreten Vertrages an.

Was ist mit Zweit oder Drittverträgen, sind die dann automatisch bei meinem MCN?

Christian Solmecke: Neue Kanäle und Videos unterfallen zunächst dem bestehenden Vertrag. Das Netzwerk kann nach Vorlage durch den YouTuber einzelne Kanäle und Videos mangels Interesse freigeben. Ist die Vermarktung für das Netzwerk nicht interessant, wird das Video freigegeben und der YouTuber kann sich an ein anderes Netzwerk wenden.

Wie sollte ich die Erlösverteilung regeln?

Christian Solmecke: Je niedriger die prozentuale Beteiligung der Netzwerke, desto besser für den YouTuber, der plant seinen Umsatz kontinuierlich zu steigern. Der YouTuber sollte darauf bestehen, die tatsächlichen Einnahmen einsehen dürfen. Hat der YouTuber nicht vor, seinen Umsatz erheblich zu steigern, kann eine Vereinbarung sinnvoll sein, in der er 100 % eines bestimmten Wertes erhält und erst alles darüber hinaus wird geteilt. Der Anteil des Netzwerks ist in der Regel bei einer solchen Vereinbarung höher (> 50 %).

Wer sollte die Rechteklärung übernehmen (z.B. für von mir genutztes Material), bzw. wer übernimmt die Haftung?

Christian Solmecke: In den Verträgen ist häufig vereinbart, dass das Netzwerk von sämtlichen Ansprüchen Dritter freigestellt wird, die mit Inhalten der Kanäle und Videos und deren Auswertung in Zusammenhang stehen. YouTuber sollten auf eine anteilige Haftung des Netzwerks bei Verletzungen der Rechte Dritter bestehen.

Wie sollte ich das Kündigungsrecht regeln bzw. die Fristen?

Christian Solmecke: Youtuber sollten eine Kündigungsfrist von über 3 Monaten nicht akzeptieren.

Welche Laufzeit sollte ich wählen?

Christian Solmecke: Die Vereinbarung einer unbestimmten Laufzeit, die erstmals nach einem Jahr gekündigt werden kann, ist zulässig, aber nicht zu empfehlen. YouTuber sollten eher eine kürzere feste Laufzeit vereinbaren.

Was kann ich tun, wenn mir ein bereits unterschriebener Vertrag nicht mehr gefällt? Wie komme ich aus so einem Vertrag raus, gibt es vielleicht Klauseln, die einen Vertrag von vornherein unwirksam machen?

Christian Solmecke: Einzelne unwirksame Klauseln führen nicht automatisch dazu, dass der Vertrag unwirksam ist. Benachteiligt der Vertrag den YouTuber jedoch in mehreren Punkten unangemessen, etwa weil etliche Passagen des Vertrages zu unbestimmt sind, dann könnte der gesamte Vertrag unwirksam sein. Hier bedarf es immer einer Prüfung im Einzelfall.

Wie kann ich mich auf Vertragsverhandlung und Vertragsunterzeichnung am besten vorbereiten?

Christian Solmecke: Im Vorteil ist bei Vertragsverhandlungen immer derjenige, der genaue Vorstellungen davon hat, wie die Dienstleistung des Netzwerks auszusehen hat und sich bewusst ist, zu welchen Zugeständnissen er bereit ist oder eben auch nicht. Diese beiden Punkte treffen auf die meist jungen YouTuber nicht zu, da diese häufig sehr unerfahren sind. Hier ist es ratsam, eine zweite Person zur Rate zu ziehen, die in der Lage ist die Tragweite der einzelnen Regelungen einzuschätzen.

 

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