Beitragsanpassung 2020 in der Pflegepflichtversicherung

Alle sind betroffen! Und das wird und muss auch so weitergehen…

In den nächsten Tagen geht’s los: die Krankenversicherungsunternehmen versenden ihre Schreiben über Beitragsanpassungen zum 1.1.2020. Davon sind i. Ü. alle Versicherte betroffen!

Nach § 110 SGB XI sind alle Krankenversicherer verpflichtet, “mit allen in § 22 und § 23 Abs. 1, 3 und 4 genannten versicherungspflichtigen Personen auf Antrag einen Versicherungsvertrag abzuschließen, der einen Versicherungsschutz in dem in § 23 Abs. 1 und 3 festgelegten Umfang vorsieht (Kontrahierungszwang)&quot. Das bedeutet, dass jeder in der Pflegepflichtversicherung pflichtversichert ist.

Aber warum gibt es diese vom Gesetzgeber festgelegte Pflicht überhaupt?

Das Risiko, im Laufe des Lebens Pflegefall zu werden, ist enorm hoch! Und es ist keine Frage des Alters, auch wenn durch körperlichen und/oder geistigen Kräfteverfall die Wahrscheinlichkeit dafür im hohen Alter deutlich steigt. Pflege ist teuer und verschlingt leicht über 3.500 Euro monatlich an Pflegekosten – Tendenz: stark steigend! Diese Kosten müssen von den Betroffenen gestemmt werden. Da sie in den allermeisten Fällen jedoch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzelner Personen und deren Familien übersteigen, hat der Gesetzgeber festgelegt, dass jeder (rudimentären) Versicherungsschutz haben muss.

Doch warum steigen denn dann jetzt die Beiträge in der Pflegepflichtversicherung an?

Das liegt im Wesentlichen an zwei Gründen. Der erste ist grundsätzlich positiv:

Grund 1: Wir leben länger!

Das statistische Bundesamt hat vor kurzem aktualisierte Zahlen veröffentlicht: der Trend geht weiter. Nachfolgend die Lebenserwartung Neugeborener bei Geburt:

Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Publikationen/Downloads-Sterbefaelle/periodensterbetafel-erlaeuterung-5126203187004.pdf?__blob=publicationFile

 

Die Grafik zeigt uns zwei unterschiedliche Faktoren, die aber recht deutlich. Auf der einen Seite ist die Lebenserwartung bei Geburt von Neugeborenen in den letzten Jahren stetig gestiegen. Wer 1991 als Junge geboren wurde, hatte eine Lebenserwartung von 72,47 Jahren, bei Mädchen lag diese bei 79,01 Jahren. Im Jahr 2016 hingegen wurde ein Junge (statistisch) schon 78,48 Jahre alt und lebt damit knapp 6 Jahre älter als noch die Generation davor. Mädchen haben nunmehr vier Jahre mehr Leben zu erwarten und werden statistisch 83,27 Jahre alt. Dazu noch der Hinweis:

Die aktuellen Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes sind sogenannte Periodensterbetafeln. Sie basieren auf Daten zu den Gestorbenen und der Bevölkerung nach Einzelaltersjahren im Betrachtungszeitraum. Es handelt sich hierbei um eine Momentaufnahme der Sterblichkeitsverhältnisse der gesamten Bevölkerung für den jeweiligen Zeitraum (aktuell die Jahre 2016 bis 2018). Eine Prognose der zukünftigen Entwicklung der Lebenserwartung ist demzufolge nicht eingeschlossen. Die Lebenserwartung bei Geburt gibt an, wie lange Neugeborene den aktuellen Überlebensverhältnissen entsprechend durchschnittlich leben würden. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Der zweite Punkt den wir der Grafik aber auch entnehmen können: die Steigerung geht langsamer voran. Während sich von 1991 bis 2006 die Männer über 4,4 Jahre mehr Lebenserwartung freuen konnten, waren es in den Jahren 2001 bis 2016 (also auch wieder 15 Jahre) nur noch 3,1 Jahre an Zuwachs.

So oder so bedeutet das aber für die Versicherer, dass sie einige Jahre mehr leisten müssen. Gerade in der Pflegeversicherung beutet dieses, dass gerade zum Lebensende hin teure Jahre folgen.

Grund 2: medizinische Versorgung und Pflege wird besser

Ein zweiter Grund der steigenden Kosten ist auch die Tatsache, dass Patienten länger, aufwändiger und damit besser gepflegt und versorgt werden können. Denken Sie einmal an Ihre Großeltern und Urgroßeltern zurück und überlegen sich, wie fit diese mit 60, 70, 80… Jahren waren. Nun schauen Sie sich die heutige Generation im selben Alter an!!! Alt und gebrechlich? Nicht mehr zwangsläufig…

Auf der anderen Seite, und so makaber das klingen mag, bei einigen Erkrankungen (gerade im Bereich der Herz- Kreislauferkrankungen, nach Schlaganfall oder Herzinfarkt) verstarben Menschen früher und damit war nicht nur deren Leben, sondern auch eine kostspielige Pflege zu Ende. Heute ist das glücklicherweise in vielen Fällen nicht mehr so. Auf der anderen Seite fallen so viele Kosten in der Altenpflege zusätzlich an und werden zukünftig aufgrund des medizinischen Fortschritts sicher auch steigen. Diese werden dann u. a. von der Pflegeversicherung zu bezahlen sein.

Ganz salopp und klar: Wer länger lebt, wird länger gepflegt

Das Alter hat es nun einmal so an sich, dass Fähigkeiten und Leistung nachlassen und dass viele Menschen am Ende Hilfe benötigen. Diese Kosten und Leistungen werden in der Pflegeversicherung erbracht und steigen dementsprechend.

Auch einen dritten und vierten Grund möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Zum einen hat der Gesetzgeber die Leistungen der Pflegeversicherung in den letzten Jahren deutlich verbessert und das Geld dafür muss auch irgendwo herkommen. Zum anderen haben – zumindest die privaten – Pflegeversicherer mit den geldpolitisch künstlich herbeigeführten und gehaltenen Niedrigzinsen zu kämpfen, welche sich in der gesetzlichen Sozialversicherung aufgrund der Umlagefinanzierung so nicht auswirken. Dort sind eher wirtschaftliche Entwicklung, Rezession und steigende/sinkende Löhne Einflussfaktoren.

Leistungen bei GKV und PKV gleich

Die Leistungen in der Pflegepflichtversicherung sind in beiden Systemen identisch. Sowohl privat versicherte Kunden als auch jeder gesetzlich Versicherte Kunde bekommt im Falle der Pflegebedürftigkeit den gleichen Umfang an Leistungen. Auch die Einstufung der Pflegegrade, also die Feststellung wie hoch Ihr Leistungsanspruch sein wird/ist, wird in beiden Systemen nach den gleichen Kriterien vorgenommen. Gutachter des medizinischen Dienstes in der GKV oder Begutachter der PKV stellen den Grad der Pflegebedürftigkeit fest.

 

Beitragsvergleich GKV und PKV Pflegeversicherung

Die Beiträge aber werden gänzlich nach anderem Modell berechnet. Während in der sozialen Pflegepflichtversicherung die Beiträge prozentual vom Einkommen berechnet werden und der Gesetzgeber hier einen Beitragssatz festlegt, ist es in der privaten Krankenversicherung vom Eintrittsalter in die PKV abhängig.

Beispiel: Im Jahr 2002 betrug der Beitrag in der Privaten Pflegeversicherung für einen 25-jährigen Euro 18,50 monatlich. Wäre der junge Mann (zum Höchstbeitrag!) in der GKV versichert gewesen, wäre sein Beitrag dort bei Euro 57,38 gelegen!!!

 

Höchstbeitrag Selbstständiger
Private Pflege GKV ohne Kind 3000 EUR brutto
Eintrittsalter 30 in 2019 32,04 € 149,74 € 99,00 €
in 2020 38,53 € 154,69 € 99,00 €
Steigerung 6,49 € 4,95 € – €

Gut zu erkennen ist, dass sich für einen Angestellten in der PKV, der sonst HÖCHSTBEITRAG in der GKV zahlt, die Beiträge in beiden Systemen ändern; in der PKV prozentual höher, was aber an den niedrigeren absoluten Grundbeiträgen liegt.

Verdient ein Selbstständiger aber 3.000 € Brutto und hat somit keinen Höchstbeitrag zu zahlen, so ändert sich der Beitrag in der Pflegeversicherung der GKV für diesen nicht, da der Höchstbetrag zwar verändert wurde, der Beitragssatz aber nicht – zumindest solange nicht, bis der Gesetzgeber den Beitragssatz wieder anpasst (was er definitiv machen wird).

Eines ist aber noch sehr gut zu erkennen. Der heute privat versicherte Arbeitnehmer zahlt knapp EIN FÜNFTEL des GKV Beitrages in der Pflegeversicherung und bekommt von diesem jeweils die Hälfte als Arbeitgeberzuschuss. Selbst nach Berücksichtigung des AG Zuschusses liegt das Verhältnis bei einem Viertel und damit bei absolut deutlich geringeren Beiträgen als in der gesetzlichen…

 

Wie wirkt sich meine Erhöhung aus?

Nun, die erhöhten Beiträge in der Pflegepflichtversicherung sind von Ihnen ab 1.1.2020 zu tragen. Davon trägt der Arbeitgeber auch die Hälfte. Somit werden von zum Beispiel 10 € Anpassung in der Pflege nur 5 bei Ihnen bleiben.

Auch in Zukunft wird es Erhöhungen in der Pflegeversicherung geben. Zum einen bei der privaten, zum anderen auch durch Anpassung des Beitragssatzes in der Pflegeversicherung der GKV.

Pflege und Versorgung im Alter wird teurer werden und wir werden mehr Geld aufwenden müssen.

So schön langes Leben, gute Pflege und bessere Medizin auch sein mag – sie kosten eben Geld. Für privat Versicherte bedeuten diese Anpassungen prozentual große, aber absolut in Euro doch recht vertretbare Zahlen…

 

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