Beitragskalkulation in der PKV – Gründe für Beitragsanpassungen

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung richten sich die Beiträge in der PKV nach dem Äquivalenzprinzip. Der Beitrag wird so kalkuliert, dass er bei gleichen Bedingungen über die gesamte Vertragslaufzeit konstant bleibt. Durch verschiedene Einflussfaktoren reichen die Alterungsrückstellungen allerdings nicht aus und der Bedarf kann nicht gedeckt werden. Um das gegebene Leistungsversprechen einzuhalten, muss der Beitrag deshalb im Rahmen einer Beitragsanpassung (BAP) angeglichen werden.

 

 

Wie werden Beiträge in der PKV kalkuliert?

Für eine risikogerechte Beitragskalkulation sind das Alter der zu versichernden Person sowie der gewählte Tarif bzw. das tarifliche Leistungsversprechen die Kriterien, um den Beitrag zu berechnen. Die Erfahrungen der Vergangenheit bilden die kalkulatorische Grundlage dafür, wie sich die Kosten voraussichtlich entwickeln werden. Bei der Festsetzung des Beitrages gilt für jede Risikogruppe ein wichtiger Grundsatz: Jede Gruppe zahlt den Beitrag, der ihrem jeweiligen Risiko entspricht.

Zu den Rechnungsgrundlagen, also den Faktoren die Beitragsberechnung der PKV einfließen, gehören Kopfschäden, Sterbe- und Stornowahrscheinlichkeiten, Rechnungszins und Deckungskosten (s.u.). (Bis zum 21.12.2012 war das Geschlecht ebenfalls eine Berechnungsgrundlage.)

Äquivalenz & Altersrückstellungen

Die zukünftig erwarteten Beiträge des Versicherungsnehmers müssen gleich den erwarteten Leistungen des Versicherers sein (Äquivalenzprinzip).

PKV-Versicherte haben das garantierte Recht, die in ihrem Tarif enthaltenen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Die Vertrag gilt als erfüllt, wenn stets ein ausgewogenes Verhältnis von Beitragseinnahmen und Leistungsausgaben sichergestellt ist. Dazu werden die Beiträge auf Grundlage von §12 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) so kalkuliert, dass sie dem voraussichtlichen durchschnittlichen Risiko nach Alter und Geschlecht entsprechen.

Da die Anfälligkeit für Krankheiten mit dem Alter steigt, müsste sich der Beitrag eigentlich von Jahr zu Jahr erhöhen. In jüngeren Jahren wären sehr niedrige Beiträge zu zahlen, im Alter würden Sie immer höher. Um das zu vermeiden, wurde in der privaten Krankenversicherung eine Methode entwickelt, die dazu führt, dass die Beiträge nicht aufgrund des zunehmenden Alters angehoben werden müssen:

Der Tarifbeitrag ist zunächst höher, als es für das aktuelle Alter notwendig wäre. Die Differenz wird für die höheren Kosten im Alter der so genannten Alterungsrückstellung zugeführt. Diese wird nicht für jeden Versicherten individuell, sondern für eine Gruppe (z. B. alle männlichen Personen eines bestimmten Tarifs, die als 33-Jährige im Jahr 2005 ihren Vertrag abschließen) gebildet.

Zusammensetzung des PKV-Beitrags

Gesetzliche Grundlage der Beitragsberechnung in der PKV ist § 12 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Darin ist auch festgelegt, dass bei der Beitragsberechnung eine Alterungsrückstellung gebildet werden muss.

Der PKV-Beitrag setzt sich folgendermaßen zusammen:

Risikobeitrag Die altersabhängige Versicherungsleistung wird pro Tarif statistisch erfasst. Dadurch kann festgestellt werden, wie hoch der Leistungsbedarf in den einzelnen Altersgruppen ist. Teilt man diesen Betrag durch die Zahl der Versicherten der jeweiligen Gruppe, erhält man den Risikobeitrag. Der Risikobeitrag deckt im Schnitt genau das vom Versicherer übernommene Risiko ab. Er steigt im Regelfall mit zunehmenden Alter, weil dann auch die Heilbehandlungskosten und somit die Versicherungsleistungen steigen.
Nettobeitrag Der Nettobeitrag wird als “durchschnittlicher” Risikobeitrag über die wahrscheinliche Versicherungsdauer berechnet.
Bruttobeitrag Der vom Versicherungsnehmer zu zahlende Beitrag ist der Bruttobeitrag, der sich folgendermaßen zusammensetzt:

Risikobeitrag (= Kopfschaden)
+ Stornowahrscheinlichkeit
+ Sterbewahrscheinlichkeit
+ Zins
= Nettobeitrag
+ Sicherheitszuschlag*
+ Abschluss- / Verwaltungskosten
+ Zuschläge für Standard- / Basistarif**
= Bruttobeitrag

*) Der Sicherheitszuschlag ist zum Ausgleich von Unsicherheiten wichtig, die auch bei vorsichtiger Kalkulation vorhanden sind.

**) Die Zuschläge für Standard- und Basistarif sind für das Recht, in einen Tarif zu wechseln, bei dem der Beitrag den durchschnittlichen Höchstbeitrag der GKV nicht übersteigt.

Sterbe- und Stornowahrscheinlichkeit als Rechnungsgrundlagen

Bei der Neukalkulation des für die Alterungsrückstellung erforderlichen Beitragsanteils, der z. B. bei einem 33-jährigen Mann je nach Tarif zwischen 30 und 40 % des Neueintrittsbeitrags betragen kann, muss festgelegt werden, mit welcher Lebenserwartung und mit welcher Vertragsdauer durchschnittlich zu rechnen ist. Die Rechnungsgrundlage Sterbewahrscheinlichkeit gibt die Lebenserwartung der Bevölkerung wieder.

Die unternehmensspezifische Rechnungsgrundlage Stornowahrscheinlichkeit berücksichtigt jedes Ausscheiden aus der Versichertengemeinschaft (mit Ausnahme des Todes, der in der Sterbewahrscheinlichkeit Berücksichtigung findet). Scheidet ein Versicherungsnehmer aus der Versichertengemeinschaft aus, verbleibt der nicht portable Teil der Alterungsrückstellungen beim Versicherer und wird an die Versichertengemeinschaft vererbt. Eine geringe Stornoquote ist grundsätzlich positiv zu bewerten, da sie zu einer starken Versichertengemeinschaft beiträgt. Eine geringere Stornoquote bedeutet aber auch, dass der verbleibenden Versichertengemeinschaft weniger Alterungsrückstellungen durch Vererbung zugute kommen.

Kopfschäden als Rechnungsgrundlage

Hauptbestandteil des Beitrags ist der zur Deckung des Risikos nach Alter und Geschlecht erforderliche Beitrag. Hier bedient man sich eines statistischen Wertes, der beschreibt, welche Leistungen in einem festgelegten Zeitraum für eine bestimmte Versichertengruppe durchschnittlich anfallen. Dieser durchschnittliche Kopfschaden wird mit Beobachtungen verglichen, um Auskunft über die Höhe der Abweichung von den ursprünglich kalkulierten Schäden sowie den zukünftigen Trend zu erhalten. Diese Informationen fließen in die Kalkulation des zukünftig erforderlichen Beitrags ein.

Auslöser für Beitragsanpassungen

Trotz aller Bemühungen um Kostendämpfung im Gesundheitswesen können die Ausgaben der privaten Krankenversicherung derart steigen, dass die Beiträge angepasst werden müssen. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig:

  • Anstieg der Krankenhauskosten durch Erhöhungen der Fallpauschalen, der Sonderentgelte, der Wahlleistungszuschläge und Ausweitung des Fallpauschalenkatalogs.
  • Verordnung neuer, teurer Arzneimittel.
  • höhere Aufwendungen für (bspw. technische) Hilfsmittel, die eine moderne Lebensqualität erlauben.
  • steigender medizinischer Fortschritt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie weiterentwickelte Techniken
  • intensivere Inanspruchnahme von Leistungen
Beitragsänderungen sind die Folge der hohen Flexibilität des Versicherungsschutzes, der sich automatisch an die Neuerungen im Gesundheitswesen anpasst. So sind heute modernste technische Errungenschaften, hochwirksame Medikamente und hochentwickelte Heil- und Hilfsmittel mitversichert. Daher stellen Beitragsanpassungen auch immer eine Erweiterung des Versicherungsschutzes dar.

Die Möglichkeit, Beiträge in der Krankenversicherung anzupassen ist im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bzw. in den Musterbedingungen der Krankheitskostenversicherung (§8b, MB KK 2009) geregelt. Der Versicherer muss mindestens einmal jährlich für jeden Tarif die tatsächlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten vergleichen.

Ergibt sich eine Abweichung zwischen 5 – 10 % können die Beiträge angepasst werden, ab einer Abweichung von 10 % müssen die Beiträge angepasst werden. Eine Beitragsanpassung darf immer nur nach Zustimmung durch einen unabhängigen Treuhänder erfolgen.

Im Rahmen einer Beitragsanpassung kann auch die Höhe einer vereinbarten Selbstbeteiligung oder die Höhe von Risikozuschlägen angepasst werden.

Wie werden Beiträge angepasst?

Bei einer Beitragsanpassung wird die Beitragsänderung nicht prozentual errechnet. Die Beiträge pro Tarif werden vielmehr um einen vom Alter und Geschlecht der versicherten Person abhängigen Ab- bzw. Zuschlag (der zur Absicherung der geänderten Versicherungsleistungen notwendig ist) reduziert oder erhöht. Daher kommt es bei mehreren Personen (i.d.R.) zu unterschiedlichen Änderungsbeiträgen. Aber selbst wenn sich z. B. der Erhöhungsbetrag bei zwei Personen entspricht, ergeben sich aufgrund unterschiedlicher bisher gezahlter Beiträge unterschiedliche prozentuale Erhöhungen.

Beispiel
Herr A (45 Jahre alt) ist seit 15 Jahren versichert und zahlt einen Beitrag von 40 EUR. Herr B (45 Jahre alt) ist seit 2 Jahren versichert und zahlt einen Beitrag von 88 EUR.
Die Beitragskalkulation ergibt für Männer im Alter von 45 Jahren einen erforderlichen Zusatzbeitrag von 8 EUR.
Beitragserhöhung für Herr A: 40 EUR + 8 EUR = 48 EUR → prozentuale Erhöhung 20,00 % Beitragserhöhung für Herr B: 88 EUR + 8 EUR = 96 EUR → prozentuale Erhöhung 9,09 %

Bewertung von Beitragsanpassungen

Zur Bewertung einer Beitragsanpassung sollte immer die Beitragsentwicklung im Zeitverlauf betrachtet werden:

  • Tarife, die in den letzten Jahren beitragsstabil waren, schieben u. U. einen erhöhten Anpassungsbedarf vor sich her und bleiben nach erfolgter Anpassung (die im Einzelfall sehr hoch ausfallen kann) ggf. wieder für längere Zeit beitragsstabil bzw. müssen kaum angepasst werden.
  • Tarife, die in den letzten Jahren “besonders anpassungsbedürftig” gewesen sind, könnten ggf. zukünftig deutlich beitragsstabiler sein als zuvor, weil aufgrund der höheren Neugeschäftsbeiträge auch höhere Rückstellungen gebildet werden konnten.
  • Tarife mit sehr günstigen Neugeschäftsprämien zu Vertragsbeginn erfordern zukünftig ggf. einen besonders hohen Anpassungsbedarf.

Beispiele für Kostensteigerungen im Gesundheitswesen

Ambulante Behandlung, Gründe für Kostenanstieg sind u.a. die Ausgaben für…

  • nicht verschreibungspflichtige Medikamente: Im Unterschied zur GKV kommt die PKV (sofern medizinisch notwendig) für nicht verschreibungspflichtige Medikamente auf.
  • innovative Medikamente: Sie sind meist (erheblich) teurer, aber (oft) auch effizienter.
  • neue Therapieverfahren

In der GKV werden solch nicht verschreibungspflichtigen Medikamente bzw. innovative Therapieformen zurückhaltend bzw. gar nicht verordnet (-> Budgetierung).

PKV-Versicherte profitieren jedoch uneingeschränkt und unmittelbar von medizinischem Fortschritt.

Fallbeispiele für neue Medikamente und innovative Therapieformen
Diagnose Medikament / Therapieform Kosten
Darmkrebs Avastin 26.000 EUR je Behandlung
Erbitux 50.000 EUR – 60.000 EUR je Behandlung
Brustkrebs Herceptin 36.400 EUR pro Behandlungsabschnitt
Lymphdrüsenkrebs Mabthera 14.500 EUR pro Zyklus (3-6 Zyklen notwendig)
Multiple Sklerose Tysabri 2.260 EUR / Monat
Morbus Crohn Humira 1.800 EUR / Monat
Prothesenversorgung Standard Armprothese ca. 3.500 EUR
Hightech Armprothese ca. 20.000 EUR

Zahnärztliche Behandlung, Die Versorgung bei Zahnersatz geht immer mehr in Richtung Implantate.

Fallbeispiel: Fehlen eines Seitenzahnes
Bisherige Versorgung Brücke (intakte Nachbarzähne müssen abgeschliffen werden) Kosten: ca. 850 EUR
Neue (heute übliche) Versorgung Implantat (intakte Nachbarzähne bleiben voll erhalten) Kosten: ca. 2.000 EUR

Die PKV kennt keine Budgets wie die GKV, aber sehr wohl eine lebenslange Leistungszusicherung und volle Teilhabe am medizinischen Fortschritt.

Weitere Informationen

Der PKV-Verband hat aktuell eine sehr interessante Broschüre erstellt, die weitere Details und Fakten dazu anführt: zur Broschüre
Fakten zu Beitragsanpassungen
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